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Petra's Rauchstopp: Über Freiheit, Zugehörigkeit und das Eieruhrgefühl

Das hier ist eine Geschichte mit Happy End. Sie handelt von einer Abhängigkeit. Und von der persönlichen Stärke, sie zu überwinden. Sie will dir Mut machen. Mut, dass es auch bei langjährigen schlechten Gewohnheiten einen Ausweg gibt. Dass ein Leben mit mehr Freiheit möglich ist. Mit mehr Zeit für das, was wirklich zählt. Gleichzeitig will die Geschichte dir nicht verheimlichen, dass auch Verlust und Wehmut mitschwingt.

 

Rauchen als Teil der Persönlichkeit

Die Protagonistin heisst Petra. Sie lebt mit ihren zwei Katzen in Frankfurt am Main. Seit über 35 Jahren raucht sie - viel und gerne. Ja, die Zigarette beutet ihr viel: Sie ist sozialer Kitt und ein Türöffner zu Kontakten. Sie bietet ihr Zugehörigkeit. Bei Unruhe hilft ihr Rauchen, sich zu beruhigen und abzulenken. So haben ihre Finger was zu tun.

Und mit einer Zigarette belohnt sie sich, nach einem anstrengenden Meeting auf Arbeit oder einem schwierigen Gespräch. Rauchen bedeutet für Petra Freiheit. Dabei gemütlich auf der Bank im Park sitzen.

Rauchen ist eben Teil ihrer Persönlichkeit, sagt sie.


Sie probiert all die Jahre nie ernsthaft aufzuhören. Nur wenn sie z.B. mal im Krankenhaus war, kann sie eine Woche darauf verzichten. Klar weiß sie, dass das Verhalten ungesund ist. Aber ihr Credo „Genuss vor Gesundheit“ überwiegt.

 

Fitnessstudio und Zigarette? Passt nicht!

In der Mitte ihres Lebens kommen ihr Zweifel. Da ist der eigene Körper, der klare Signale sendet: Der viel zu hohe Blutdruck, das Rauschen im Kopf. So richtig körperlich gesund fühlt sie sich nicht mehr. Zunehmend stört sie auch der Rauchgeruch ihrer Klamotten und ihre gelben Finger. Sie wird das Gefühl nicht mehr los, dass es besser wäre, mit dem Rauchen aufzuhören.

Sie beginnt, weniger und bewusster zu rauchen. Im Laufe von zwei Jahren reduziert sie ihr Rauchen von 40 auf maximal 10 Zigaretten pro Tag.


Als sie sich einmal direkt nach dem Fitnessstudio eine Zigarette anzündet, wird ihr bewusst: „Das passt nicht mehr zusammen. Ich will gesund alt werden. Und Rauchen ist ein Nervengift.“

Ihr Wunsch steht fest, sie will damit aufhören.

 

Zweifeln, Zögern, Zaudern

Von ihrem geplanten Rauchstopp erzählt Petra ihrem privaten und beruflichen Umfeld. Gleichzeitig nagen innerlich Ängste an ihr: Kann ich diese Verhaltensänderung wirklich schaffen? Wie schlimm wird die erste rauchfreie Woche? Was mache ich bei einem Rückfall, und wie reagieren die anderen, wenn sie ihn mitbekommen?

Mit diesen Bedenken vergehen rund zwei weitere Jahre.


Nicht nur reden, sondern auch Taten folgen lassen

Irgendwann wird ihr klar: Ohne professionelle Hilfe schafft sie es nicht. Sie will es sich und ihrem Umfeld beweisen: „Ich will nicht als Labertasche dastehen, sondern auch Taten folgen lassen.“


Sie bucht ein Coaching bei my Mental Health und spürt als erste Reaktion Erleichterung, endlich etwas gemacht zu haben. Einen Profi an ihrer Seite zu haben, das nimmt ihr die Angst vor ihrer eigenen Courage. So kann Petra einen Teil der Verantwortung abgeben.


Im Coaching wird ihr vieles klar. Ihre Motive fürs Rauchen, ihre Rauchgewohnheiten und die wichtige Funktion der Zigarette in ihrer Lebensgeschichte.

Aber der Reihe nach.


 

Schritt 1: Rauchertagebuch bringt Klarheit

Zuerst verfasst sie ein Rauchertagebuch. Darin hält sie eine Woche lang fest, in welchen Situationen sie raucht, an welchem Ort, zu welcher Uhrzeit und bei welcher Tätigkeit. Sie dokumentiert innere und äußere Auslöser, eine Stimmung, ein Gefühl oder der Kaffee am Morgen. Dann durchleuchtet sie mit der Coachin die Situationen psychologisch. Ihr wird klar, was ihr die Zigarette in einer bestimmten Situation bietet. Einmal ist es Konzentration, ein andermal Wachheit oder Stressreduktion.

Das ist anstrengend und ein bisschen nervig. Gleichzeitig sind ihr dadurch ihre Rauchrituale und die Funktionen der Sucht deutlich bewusst. Das ist ein Wendepunkt für Petra.

 

Schritt 2: Die Vision von Freiheit motiviert

Wovon sie weg will, ist ihr nun klar. Was ihr noch fehlt, ist das „Hin zu“. Eine Vision, ein Ziel, für das sich die ganze Anstrengung lohnt. Sie geht auf die Suche und kreiert mit persönlichen Fotos ein emotional starkes Bild. Das ist ihr neues Lebensziel: Freiheit, Gesundheit und Unterwegssein.

Dafür lohnt es sich, auf das vertraute Rauchen zu verzichten. Dieses Visionsbild dient ihr als Anker, Motivation und Erinnerung.

 

Schritt 3: Perspektivwechsel stärkt ihr Selbstvertrauen

Als nächstes wirft Petra einen Blick zurück auf ihren Rauchbeginn mit 16 Jahren: „Ich war eben jung und dumm. Gedankenlos.“ Im Gespräch mit der Coachin wandelt sie diese abwertende Bewertung von sich selbst. Sie versteht, welchen lebenswichtigen Stellenwert das Rauchen in ihrer Jugend für sie hatte. Trotz vieler Umzüge ermöglichte ihr die Zigarette, Verbindung zu Anderen aufzubauen und Gemeinschaft zu erleben. „Ich wollte dazugehören. Und die Zigarette war meine Eintrittskarte."

In einem Abschiedsbrief bedankt sich Petra bei der Zigarette für die vielen Momente, in denen sie ihr geholfen hat. Sie kann das Rauchen als sinnvollen Lösungsversuch würdigen. Damit verzeiht sie der jungen Petra und erkennt an, sich damals richtig verhalten zu haben. Endlich kann sie ihre selbstabwertenden Gedanken und Schuldgefühle loslassen. Diese Einsicht stärkt ihr Selbstvertrauen und nimmt der Zigarette die Macht. Petra kann ihren Frieden mit ihr machen.


Schritt 4: Die Stärken immer im Blick!

Petra macht sich bewusst, was und wer ihr bisher in Krisen geholfen hat. Ganz klar: Ihre Ausdauer zum Beispiel. Ihre Fähigkeit, an einem Ziel dranzubleiben und durchzuhalten. Sie weiß, dass sie es schafft: Trotz Widerstände erreicht sie ein Ziel. Und sie weiß auch, daß sie es nicht immer alleine schaffen muss. Dass sie sich Hilfe holen kann. Diese und andere Stärken haben ihr bereits früher geholfen. Und das tun sie jetzt auch.

 

Schritt 5: Sich kompetent fühlen

Der nächste Schritt besteht darin, Wissen um das konkrete Tun aufzubauen: Was kann sie statt des Rauchens tun? Petra entwickelt über 40 Alternativstrategien. Einige Strategien dienen der Kontrolle eines kurzfristigen Rauchimpuls, wie z.B. „3 Minuten aushalten“. Mit anderen Strategien will sie sich ablenken, wie z.B. Gummibärchen kauen. Auch aus der Situation zugehen, kommt auf die Liste. Oder auf das Visionsbild der Freiheit zu schauen. Auch die Affirmation “Heute, nur heute bleibe ich rauchfrei” listet sie auf. Und manche Strategien dienen der Belohnung und dem Genuss: Sich ein Zitroneneis gönnen.

 

Professionelle Unterstützung & Verbindlichkeit

Ein Coaching-Programm zu durchlaufen, gibt ihr Sicherheit. Die Coachin führt sie durch den Prozess und passt auf sie auf. Petra hat das Gefühl, dass sie es zusammen machen und Verbündete sind. Bei Erfolgen wird sie bestärkt, bei Motivationstiefs in das Programm zurückgezogen.

Diese Anerkennung und Unterstützung ist ihr sehr wichtig.


Auch dass die anderen ein Auge auf sie haben, gibt Petra Elan. Sie erzählt allen in ihrem Umfeld, dass sie am 01.Juli mit dem Rauchen aufhören wird. Damit erhöht sie die Verbindlichkeit. Vor ihren Freunden, aber mehr noch vor sich selbst, will sie nicht als Versagerin da stehen.


 

Und dann: Der Tag X

Mit der dreimonatigen Vorarbeit fühlt sich Petra „sehr gut vorbereitet und ready“. Direkt nach der letzten Coaching Session hört sie auf zu rauchen. Drei Wochen früher als geplant. Der Tag X hat seinen Schrecken verloren. Sie ist überzeugt: „Es war alles gesagt, alles gemacht.“ Und davon will sie nichts vergessen.

Die erste Nacht ohne Zigarette schläft sie super, wie ein Baby. Die ganze erste Woche empfindet sie als einziges Hoch. Den ersten Hänger hat sie am 8./9. Tag. Da spürt sie den Verlust: „Jetzt ein Käffchen und ne Kippe, das wäre schön.“ Stattdessen macht sie einen Spaziergang.  Dabei trifft sie eine Nachbarin. Sie erzählt ihr stolz, dass sie nicht mehr raucht. Ihr Lob freut sie.

 

Unerwarteter Benefit: Das Eieruhrgefühl ist weg!

Als frischgebackene Nichtraucherin erkennt Petra: Rauchen bedeutet auch Zwang, mit einer bestimmten Taktung umzugehen. Nach dem Rauchen ist vor dem Rauchen. Wie mit einer Eieruhr gilt es, immer die Zeit gut im Blick zu haben.  Nach rund 60 Minuten muss sie für Nikotin-Nachschub sorgen. Das bindet Aufmerksamkeit und kostet Flexibilität. Davon ist sie jetzt als Nichtraucherin befreit. Sie fühlt sich unabhängig und nicht mehr von der Sucht getrieben.

 

Eieruhr
Eieruhr (von OpenClipart-Vectors über Pixabay)

Ein Tropfen Wehmut: Ich gehöre nicht mehr dazu

Manchmal ergreift sie in sozialen Situationen ein komisches Gefühl. Als Nichtraucherin gehört sie nicht mehr zur Gruppe der Raucher dazu. “Ich bin keine Raucherin mehr. Das trennt einen. Man kommt mit Zigarette einfach anders ins Gespräch.“ sagt Petra mit etwas Wehmut.

Für dieses verlorene Gemeinschaftsgefühl sucht sie noch nach einer Alternative. Auch wenn sie noch keinen adäquaten Ersatz gefunden hat, bleibt sie auf ihrem Weg. Hin zu einem gesünderen Umfeld mit neuen Freund:Innen, die sie stützen.

 

Rauchstopp geschafft - Veränderung braucht Zeit

Petra hat den Rauchstopp geschafft und befindet sich in der Stabilisierungsphase. Noch ist es nicht komplett normal. Oft kämpft sie mit Gereiztheit, vermehrtem Schwitzen oder Nervosität. Dann weiss sie nicht wohin mit ihren Händen. Auch nach Tabak verlangt es sie immer mal. Dabei hilft es ihr zu wissen, dass Gewohnheitsänderungen Zeit brauchen, rund 66 Tage.

Auch ihr verbesserter Gesundheitszustand hilft ihr, abstinent zu bleiben. Sie hustet nicht mehr, kann richtig tief einatmen und hat eine bessere Kondition beim Treppensteigen. Darauf ist sie stolz. „Insgesamt geht es mir richtig gut damit“ sagt sie. Und so soll es bleiben.


*** Dieser Beitrag basiert auf einem Interview mit Petra am 15.07.2024. ***

 

Quellen & Inspirationen:



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